LINZER KIRCHENZEITUNG
Es gibt die einen: Sie gehen freiwillig am Samstag shoppen. Ein entspannender Zeitvertreib ist es für sie im Kreis ihrer Lieben. Es gibt die anderen: die nur widerwillig, am Samstag ohnehin nur
unter lebensbedrohenden Umständen in einen Einkaufstempel vorrücken – und nach einer Stunde erledigt sind.
Zur zweiten Spezies muss Autor Hermann Knapp gehören – zumindest seine literarische Figur Odysseus zählt dazu. Einsam und unverstanden ficht er seinen auswegslosen Kampf im Supermarkt. Freiwillig
setzt man sich nach den ersten Seiten ins Einkaufswagerl und macht die kurzweilige Reise mit, die von der Welt des Supermarkts in die Welt der Computer (und ihrer Betreuer) zu jenen Menschen
führt, die nichts mehr wollen und nichts mehr brauchen: kurzweilige Geschichten mit Witz und Biss, mit wachen Augen für die Welt.
Hermann Knapp, Odysseus im Supermarkt, arovell Verlag.
2.6.2005, Kirchenzeitung der Diözese Linz
(Ausgabe: 2005/22)
OBERÖSTERREICHISCHE NACHRICHTEN
Ein eigene Buch ist doch besser als Perry
Rhodan
Der Ansfeldner Hermann Knapp ist ein Fan von
Perry-Rhodan-Romanen. Von den Perry-Rhodan-Romanen hat er alle bis auf ein verflixtes Heft, das in der Sammlung
fehlt. Eine andere Lücke in seinem Bücherregal konnte Edelfeder und Redaktionsleiter der Amstettner Bezirksausgabe der "NÖ.Nachrichten", Hermann Knapp, nun schließen: Nach fünfjähriger Reifezeit
hat sein literarisches Erstlingswerk "Odysseus im Supermarkt" im oberösterreichischen Avorell-Verlag das Licht der Welt erblickt, und es ist kein Groschenroman.
Der Titelheld ist nicht nur ersonnen, sondern selbst beim Wochenendeinkauf jeden Samstag erlebt, gesteht der Familienvater ein: "Der Konsum ist wie eine Irrfahrt." Da kann die Frau der
Wurstabteilung plötzlich zum Schlangenhaupt der Medusa mutieren oder der Kerl, der einem mit dem Einkaufswagen an der Kasse die Ferse rammt, in Gedanken zum Zyklopen werden. Das Buch, das Knapp
nach dem Tagewerk in der Redaktionsstube daheim in Ansfelden in mancher Nachtschicht in den Computer getippt hat, ist voll von Satire, bisweilen ist der Humor so schwarz wie die Druckbuchstaben.
Einen Hang zum Surrealismus kann Knapp, der auch schon im Kreis der Grazer Autorenversammlung Aufnahme gefunden hat, nicht verhehlen. "Wie das Leben so spielt", pflegt er verschmitzt zu sagen,
wenngleich er den Leser in ein Spiegelkabinett der Wirklichkeit entführt.
Bei Hermann Knapps Geschichten brennen keine Giraffen, zerfließen keine Uhren. Aber ein Hafenkran, der seines Kranseins leid eine Schiffssirene werden möchte, bemüht den Psychotherapeuten. Oder
ein Großvater lässt sich eine immer dickere Haut wachsen, bis ihn die Familie als Figur neben die Gartenzwerge stellt. Die Geschichten haben doppelten Boden wie die guten alten Märchen, nur sind
sie ein wenig hinterlistiger, die Nadelstiche des Lebens entlarvend.
Knapp hat der Versuchung des Eigenverlages widerstanden, lieber zugewartet: "Mir war wichtig, dass Lektoren Kritik üben, bis das Manuskript gut genug in ihren Augen war." Jetzt ist das Buch im
Handel, für den Tag der Veröffentlichung hat Knapp jahrelang im Keller eine Flasche Chianti aufbewahrt. Den Rotwein kann er sich jetzt schmecken lassen.
OBERÖSTERREICHISCHE NACHRICHTEN LOKALTEIL LINZ
Datum: 27.05.2005
NÖN Gmünd: Ausgabe 45, 9.11.2005
Odyssee durch den Alltag
VON JOHANNES BODE
BAD GROSSPERTHOLZ/ Hermann Knapp ist ein Abenteurer im Alltag – literarisch, versteht sich. Ob als Odysseus im Supermarkt, der mit seinem Leben insgeheim schon abgeschlossen hat, oder als John Wayne die nach abgefackelten Ruinen aussehenden Zähne zusammenbeißend beim Zahnarzt, Hermann Knapp „ver-rückt“ in seinen Kurzgeschichten alltägliche Erlebnisse in eine Welt, die zwar witzig sein, aber genauso gut auch Kafkaeske Ausmaße annehmen kann.
Knapp überzeugte bei seiner Lesung am 6. November in der Bücherei nicht nur mit der Titelgeschichte seines Buches „Odysseus im Supermarkt“, die zeigt, wie verrückt unsere Warensuche machen kann, sondern vor allem mit „Die Häutung“, eine Kurzgeschichte über einen Menschen, der sich bis zur Bewegungs- und Gefühlsunfähigkeit von seiner Umwelt abgrenzt. Die Metaphorik der „dicken Haut“ spricht für sich und wird konsequent bis zum mehr als bitteren Ende durchgehalten.
Knapp, in Rindlberg aufgewachsen, stellte damit – beim 60-Jahr-Jubiläum der Bücherei Bad Großpertholz – in seiner Heimat sein erstes Buch vor. Mittlerweile hat es ihn nach Ansfelden verschlagen, berufstätig ist er bei der NÖN-Redaktion in Amstetten. Knapp ist „Max-von-der-Grün-Preisträger“ 1997 und Mitglied der Grazer Autorenversammlung.
Zusätzlich gab es fürs Publikum zur Bibliotheks-Feier eine Kochbuchausstellung der Bibliodrehscheibe und eine Weinverkostung.
Rundschau Nummer 49 Mittwoch 7.Dezember 2005
Erstes Buch des Ansfeldners Hermann Knapp geht in die zweite Auflage
Hermanns schräge Welt.
ANSFELDEN/ Seine nach eigenen Angaben schräge Welt präsentiert der Ansfeldner Hermann Knapp in seinem ersten Buch „Odysseus im Supermarkt“. Die Kurzgeschichtensammlung ist im arovell-Verlag erschienen und geht im Dezember bereits in die zweite Auflage. „Es geht um wirkliche Menschen mit wirklichen Problemen“, sagt Knapp, „aber ihre Welt ist immer auch ein bedrohte, in die plötzlich ohne Vorwarnung das Absurde einbricht“.
Bissig und zum Teil skurril sind sein Erzählungen. So hält sich ein verzweifelter Einkäufer in „Odysseus im Supermarkt“ im Einkaufstempel tatsächlich für Odysseus auf seiner Irrfahrt und hat nur ein Ziel: wieder nach Hause zu finden. Im „Rühmlichen Ende des Fabrikarbeiters R.“ hat der Held gleich zu Beginn einen Arbeitsunfall, der ihn einen Arm kostet. „Und in einer Welt, in der der Profit zunehmend alles und der Mensch nichts mehr zählt, bleibt ihm und seiner Familie keine Hoffnung mehr“, sagt Knapp. Hermann Knapp wurde 1964 in Steinbach in Niederösterreich geboren, studierte Theologie in Linz und arbeitet seit 1995 hauptberuflich als Journalist bei einer Wochenzeitung in Niederösterreich. Er lebt mit seiner Frau Elisabeth und seinen vier Kindern in Kremsdorf. Hermann Knapp ist Max-von-der-Grün-Preisträger 1997, Mitglied der Grazer Autorenversammlung und der Schreibwerkstatt Brigitte in Linz. Seine Kurgeschichten hat er schon in Linz, Wels, Amstetten, Haid und kürzlich bei einer Lesung in Gallneukirchen seiner Leserschaft präsentiert.
Die Literaturdatenbank des Österreichischen Bibliothekswerks
Rezension:
Realität und Fantasie - nicht immer sind sie fein säuberlich zu trennen, manchmal bricht das Irreale sogar über einen herein. (DR)
Die titelgebende Kurzgeschichte hat einen einkaufenden Mann - der für sich schon ein Held ist - zur Hauptfigur. In seine Betrachtungen über Essiggurkerl oder die Miteinkäufer fließen immer wieder Abschnitte der Sage des großen Odysseus, seiner Kämpfe und Heldentaten ein. Weitere Texte thematisieren zum Beispiel das harte Los der Arbeitenden, vor allem jener, die unter unmenschlichen Bedingungen in Fabrikshallen werken. Akkordarbeit entmenschlicht. So wird auch alles Denken unmenschlich und führt kafkaesk zu weiterem Leid. Ein Arbeitsunfall erscheint nicht mehr als Problem des Verletzten, sondern als Beleidigung des Arbeitgebers. So geht der Schwerverletzte nicht nach Hause, um sich auszukurieren, sondern er bringt sich schließlich um, damit der Arbeitgeber keine Scherereien mit ihm hat.
Die weiteren Texte der Sammlung haben ähnliche Tendenz zum Gruselig-Grausigen, wobei oft auch die Unfähigkeit, Mensch zu sein oder menschlich zu agieren, thematisiert wird. Eine interessante Anthologie, für die man sich Zeit nehmen sollte. Sprachspiele verleihen Witz, doch auch ein (meist) angenehmer Schauer des Seltsamen haftet allen Texten an.
*bn* Angela Zemanek-Hackl